PROJEKTREPORTAGE

Headquarter Olympus

gmp, Hamburg

Foto: Marcus Bredt

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Stadtbaustein

  • Text: Olaf Bartels
  • Fotos: Marcus Bredt

Das Europa Headquarter für Olympus in Hamburg von gmp trägt dazu bei, das Stadtquartier in seiner vielfältigen Nutzbarkeit zu stärken.

Der Heidenkampsweg ist eine der in Hamburg wohl wichtigsten Ein- und Ausfallstraßen. Der Autoverkehr fließt hier wie in einem Kanal aus der Stadt über die Elbbrücken auf die Autobahn A1 oder umgekehrt. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad sucht man hier gerne das Weite und die Ruhe, die auch schon hinter einer der Hausecken in den einmündenden Straßen zu finden sind.

Das neue Gebäude der Olympus-Vertretung in Hamburg liegt in der westlichen Front am Heidenkampsweg, an der Ecke zur Wendenstraße. Der Stadtteil Hammerbrook ist derzeit im Wandel begriffen. Das Stadtgebiet hatte sich im späten 19. Jahrhundert zu einem dichten Stadtquartier mit Wohnungen, Läden und Produktionsbetrieben entwickelt. Durchzogen von Kanälen hatte es den typischen Charakter aufstrebender Stadtteile vergleichbar mit Eimsbüttel in Hamburg oder Kreuzberg in Berlin angenommen. Im Zweiten Weltkrieg war es aber so intensiv bombardiert worden, dass man nach Kriegsende nicht an einen Wiederaufbau denken konnte. Nur wenige Häuser aus der Vorkriegszeit blieben erhalten. Erst in den 1970er und 1980er Jahren entstand hier das fast ausschließlich der Verwaltung dienende Quartier „City Süd“. In jüngerer Zeit wurden Wohnbauten ergänzt, die die Nutzungsvielfalt des Stadtteils steigern. In den Erdgeschossen lässt diese allerdings noch zu wünschen übrig. Vor allem am Heidenkampsweg. Hier zählt trotz allgemeiner Verbreitung von Navigationssystemen nach wie vor die Wahrnehmung der Architektur aus dem Autofenster. Vor allem spektakuläre Fassaden fallen auf.

Der neue Firmencampus in Hamburg beherbergt neben dem Europa Headquarter für Olympus auch das New-Work-Unternehmen Design Offices.

Insgesamt ist mit dem Gebäude ein kompakter Stadtbaustein entstanden, der im Erdgeschossbereich auch ein hohes Potenzial zur Vernetzung mit dem umliegenden Stadtraum bietet.

Grundriss Erdgeschoss
plan: gmp Architekten

Paradoxie als Signal

Das für das japanische Fotoelektronikunternehmen Olympus errichtete Gebäude erzielt diese Wirkung durch ein Paradox: In Volumen und Form reiht es sich eher zurückhaltend in die Straßenfront ein. Die Struktur der Fassade trägt ein solides Raster. Der Eingang wird durch einen besonders akzentuierten Baukörper an der Ecke zur Wendenstraße und durch den blau leuchtenden Firmenschriftzug markiert. Die in diesem Umfeld allerdings ungewöhnliche weiße Farbe und die Oberflächenbehandlung der rotbraunen Klinker heben das Gebäude in der vorwiegend von roten Ziegeln oder Glas dominierten Umgebung wirksam ab. Die weiß engobierten Ziegel und unisono gefärbten Fugen verschaffen dem Haus sogar noch eine samten matte Oberfläche, deren Material natürlich und nachhaltig altern kann. Ab und zu blitzt die Grundfarbe des Ziegels durch und unterstreicht die Authentizität des Materials, das gleichzeitig im kräftigen Farbkontrast zu den schwarzen Fenstern steht.

Neben Olympus ist die Firma Design Offices, die Co-Working-Spaces anbietet, ein zweiter großer Nutzer des Gebäudes. Beide Unternehmen wenden sich mit Cafés, deren Angebot sich vornehmlich an die jeweilige Belegschaft richtet auch an die Öffentlichkeit. Design Offices hat sein Bistro an der ruhigen Seite des Gebäudes, vom Heidenkampsweg abgewandt, an der parallel verlaufenden Sachsenstraße eingerichtet. Olympus offeriert auch Passanten Kaffee und Gebäck – zumindest optisch durch die Fenster direkt an ihrem Eingang. Um aber in diesen Genuss zu kommen, muss man den Haupteingang benutzen und taucht damit in die Atmosphäre des Corporate Designs ein, die die Öffentlichkeit mental auf eigentlich professionelle Kontakte konzentriert. Mit anderen Worten: Man fühlt sich etwas deplatziert, wenn man sich hier ausruhen und nur einen Kaffee und etwas Gebäck zu sich nehmen will. Eine mögliche Belebung der Erdgeschosszonen und der öffentlichen Straßenräume fällt damit nur verhalten aus.

Mit der rhythmischen, hanseatischen Backsteinfassade trägt der neue Campus zur städtebaulichen Fassung der City Süd bei.

Vernetzung

Wer allerdings mit einem professionellen Anliegen kommt, kann eine eventuelle Wartezeit mit einem umfassenden kulinarischen Angebot füllen. Der gesamte Eingangsbereich inklusive Café ist in Weiß und hellen Textilfarben gehalten. Das betrifft auch den direkten Zugang zum Unternehmen mit seinen Kontrollbereichen, die im weiträumigen Erdgeschoss etwas zurück liegen. Leicht bläulich schimmert zwischen den Treppenläufen eine gläserne Box. Sie enthält einen Showroom für die fotooptischen Produkte für medizinische Anwendung, die Olympus herstellt und unter anderem in Hamburg vertreibt. Design Offices nutzt einen eigenen Eingang. Beiden Unternehmen hat das Architekturbüro gmp den Grundstock einer vielfältigen und flexiblen Bürolandschaft sowohl mit ruhigen, abgeschlossenen als auch mit offenen, kommunikativen Bereichen gestaltet, die je nach Vorlieben oder Notwendigkeit belegt werden können und jeweils von Innenarchitekturbüros verfeinert wurden.

Insgesamt ist mit dem Gebäude ein kompakter Stadtbaustein entstanden, der im Erdgeschossbereich auch ein hohes Potenzial zur Vernetzung mit dem umliegenden Stadtraum bietet. Das betrifft auch die zum Parken von PKWs ausgestatteten Untergeschosse, die durch ein sehr flexibles, mechanisches Autoparksystem eine hohe Auslastung der Geschossflächen ermöglichen und dadurch den Straßenraum von parkenden Fahrzeugen entlasten. Von 503 Stellplätzen sind 46 auf den Verschiebeplatten von WÖHR nachgewiesen. Auch das ist ein Beitrag, das Stadtquartier in seiner vielfältigen Nutzbarkeit zu stärken.

Produktinformationen
14 x Parkplatte 503 Tandemplatte – insgesamt 28 Stellplätze, 18 x Parkplatte 503 Einzelplatte – insgesamt 18 Stellplätze, Plattformbelastung 2 t, Plattformbreite 217 cm, Überflurantrieb, Aluminiumblechbelag, Verschiebung der Autos auf Bodenschienen.

Architekten

Von Gerkan, Marg und Partner (gmp)

ist ein Architekturbüro mit Gründungssitz in Hamburg und Standorten weltweit. Mit seinem generalistischen Ansatz und der Erfahrung aus über 50 Jahren realisiert es Projekte im Dialog mit den Auftraggebern und den beteiligten Planungsdisziplinen in jedem Maßstab und kulturellen Kontext, in jeder Planungsphase und auf allen Kontinenten. Die Bandbreite der Projekte reicht vom Wohnhaus bis zum Hochhaus, vom Stadion bis zum Konzertsaal, vom Bürobau bis zur Brücke, von der Türklinke bis zur Stadtplanung.

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