Auto als Gast
- Interview Marie Bruun Yde
- Fotos: Jens Lindhe
Für das Classic Car House wollten Lundgaard & Tranberg den bestehenden Ort mit seinen Altbauten und dem Garten transformieren, ohne dessen Magie zu zerstören. Wie gelingt es, einem kulturhistorischen Gelände eine neue Funktion zu geben? Projektarchitekt Christoffer Brøchmann Christensen im Interview.
Wie ist es Ihnen gelungen, bei der Umwandlung des Geländes das Märchenhafte der historischen Architektur zu bewahren?
Wir wollten Eigenschaften des Alten nehmen und ins Neue ziehen. Aufgrund der veränderten Funktion des alten Landwirtschaftsmuseums sind beispielsweise die Anforderungen an die Tragfähigkeit deutlich höher geworden, sodass wir das Gebäude verstärken und neue Stahlkonstruktionen einziehen mussten. Wir haben versucht, die neuen Elemente im Stil des ursprünglichen Geistes des Hauses hinzuzufügen. Die neuen Gebäude sind in Bezug auf Materialität, Dachformen und -maßstab an die beiden bestehenden Backsteingebäude angepasst und bieten ein Gleichgewicht zwischen dem bestehenden und einem neueren industriellen Ausdruck mit klaren Glasabschnitten, Stahl und Ziegeln.
Auch der Museumsinhalt hat sich geändert. Wie hat das Ausstellungsobjekt Auto Ihre Arbeit beeinflusst?
Wir haben mit dem Auto als Begriff gearbeitet. Die meisten anderen Museen zeigen eine breitere Palette von Objekten, Autos sind spezifische Ausstellungsstücke. Bei den Karosserien der Oldtimer wurde viel Liebe ins Design und noch mehr Sorgfalt in die technischen Details investiert. Diese Qualität wollten wir in der Architektur weiterführen. Die Räume sind für Autos gemacht, als sie fertig und noch leer waren, fanden wir, dass sie für Menschen zu groß sind. Als die Autos dann drin waren, haben die Räumlichkeiten genau gepasst.
Das Autohotel ist das größte Volumen des Classic Car House. Wie haben Sie mit dem Auto als Gast gearbeitet?
Von außen greifen die Hallen mit dem Autohotel den Maßstab des gegenüberliegenden Landwirtschaftsmuseums auf, innen öffnet sich ein weiter, offener Raum. Wir empfanden es als gute Anregung, dass der Bauherr hier die gelebte Kultur des Autos als Hobby vermitteln wollte. Während die permanenten wie die wechselnden Ausstellungen nur zum Anschauen sind, stellt insbesondere das Autohotel ein lebendiges Milieu dar: Hier kommen die Autobesitzer täglich vorbei, fahren mit ihren Autos, reparieren sie oder treffen sich mit anderen Oldtimerfans. Somit ist das Classic Car House kein totes Museum, sondern bildet den Rahmen für eine Gemeinschaft.
Gegenüber vom Classic Car House befindet sich das nationale Freilichtmuseum mit 50 historischen Häusern auf 40 Hektar Fläche. Wie hat das Ihre Arbeit beeinflusst?
Als Ganzes hat das Freilichtmuseum einige Gemeinsamkeiten mit dem Classic Car House.
Im Freilichtmuseum sind verschiedene Bauernhoftypologien in der Landschaft verstreut und durch Wege verbunden. Unser Projekt ist inspiriert von der Art und Weise, wie man sich im Freilichtmuseum und dessen Landschaft bewegt, von dem Verlauf der verschiedenen Zeitlichkeiten und Baustile. Das Freilichtmuseum war ebenso eine Inspiration für die Pavillons im Classic Car House, die die verschiedenen Programme anhand einer neuen Ausdrucksform verbinden.
Warum Pavillons?
Die neuen Gebäude sollten in der Hierarchie leichter sein, um die Altbauten nicht zu übertönen. Der Maßstab ist nicht ganz der von Pavillons, diese Gebäude sind größer, aber sie haben das Ätherische, die Innen-Außen-Beziehung und den Kontakt zum Garten von Pavillons. Die großen, unter Denkmalschutz stehenden Bäume gaben die Richtung vor: Wir wollten einen zusammenhängenden Verlauf von Gebäuden und einen Park in der Mitte, quasi als Pause zwischen den Bauten, schaffen. Der Park verankert die Gebäude und ist Bindeglied für alles. Die neue Architektur bezieht sich vor allem auf das alte Landwirtschaftsmuseum mit seiner klassischen Gestaltung und dem großen Walmdach.
Auch andere Gebäude von Lundgaard & Tranberg bestehen aus überdimensionierten Dächern oder sogar ausschließlich aus Dächern.
Das ist kontextabhängig, und der Kontext hier hat nach Dächern gerufen. Die großen Dachflächen und das Giebelmotiv zeichnen das Projekt aus. Die Neubauten bilden verschiedene Paraphrasen über das Walmdach des Landwirtschaftsmuseums und das Satteldach von Virumgård. Außer dem praktischen Aspekt eines Schrägdachs, ein Gebäude abzuschließen, und des technischen Aspekts, Wassersammlung zu vermeiden, mag ich ästhetisch an Dächern, dass das Gebäude an der Traufkante nicht sofort aufhört.
interview Auto als Gast
Lundgaard & Tranberg
wurde 1985 in Kopenhagen von den Architekten Boje Lundgaard und Lene Tranberg gegründet. Das Unternehmen ist bekannt für seine Innovationsfähigkeit, Zusammenarbeit und Führungsstärke im Zusammenhang mit der Gestaltung und Realisierung von Gebäuden, Landschaften, Stadtplanungen und Produktdesign. Der Ansatz des Büros ist regional und kontextbezogen. Lundgaard & Tranberg sind geprägt von der nordischen Architekturtradition, in der Humanismus, Handwerkskunst und Vereinfachung als zentrale Werte gelten und Architektur eine bereichernde Beziehung mit Kultur, Licht und Landschaft eingeht.